Der Kniefall von Warschau ereignete sich am 7.Dezember.1970 in Warschau, der Hauptstadt der Volksrepublik Polen.
Der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt besuchte die Stadt, um dort den Vertrag zu unterzeichnen, der das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und der Volksrepublik Polen regeln sollte.
Teil des Staatsbesuchs war eine Kranzniederlegung am Ehrenmal für die Helden des Warschauer Ghettos.
Dort sank Willy Brandt unerwartet auf die Knie, eine Geste, die als Bitte um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkrieges verstanden wurde.
Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt. (Willy Brandt)
In dem Moment, als wir ausstiegen und vor das Mahnmal traten, war die Stimmung sehr überwältigend. Plötzlich sank Willy Brandt auf die Knie und jeder Mensch, der anwesend war, hätte es ihm gleichtun wollen und jeder hat diese Geste, diese vollkommen ungeplante und spontane Geste, für einzigartig und beeindruckend empfunden. (Walter Scheel)
Dann kniet er, der das nicht nötig hat, da für alle, die es nötig haben, aber nicht da knien—weil sie es nicht wagen oder nicht können oder nicht wagen können. Dann bekennt er sich zu einer Schuld, an der er selber nicht zu tragen hat, und bittet um eine Vergebung, derer er selber nicht bedarf. Dann kniet er da für Deutschland. (Hermann Schreiber, Journalist, Der Spiegel, 14.Dezember.1970)
Denn wann und wodurch hat Deutschland, das für seinen Militarismus schon im 19.Jahrhundert beargwöhnte und mit der Ermordung von 6 Millionen Juden vollständig entehrt scheinende Deutschland, wann und wodurch hat es seine Würde wiedergefunden? Wenn ich einen einzelnen Tag, ein einzelnes Ereignis, eine einzige Geste benennen wollte, für die in der deutschen Nachkriegsgeschichte das Wort „Würde“ angezeigt scheint, dann war es der Kniefall von Warschau. ( Navid Kermani, Schriftsteller)